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KI-Agenten: Autonom agierende künstliche Intelligenzen

Geschrieben von Anja Prill | Apr 2, 2025 7:04:52 AM

Künstliche Intelligenz hat in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht – doch während klassische KI-Modelle lediglich Antworten liefern, gehen KI-Agenten noch einen Schritt weiter. Sie denken, planen und handeln eigenständig. Von automatisierten Assistenten, die Marketingkampagnen steuern, bis hin zu autonomen Entwicklern, die Code schreiben und optimieren – KI-Agenten revolutionieren die Art und Weise, wie wir arbeiten. Doch was genau sind KI-Agenten? Wie unterscheiden sie sich von herkömmlichen KI-Systemen und welche Potenziale bieten sie? In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf die Funktionsweise, spannendende Anwendungsfälle und die Zukunft dieser bahnbrechenden Technologie.

Was sind KI-Agenten?

KI-Agenten sind intelligente Programme, die eigenständig Aufgaben ausführen und Entscheidungen auf Basis von Daten treffen können. Sie arbeiten mit verschiedenen KI-Technologien wie Natural Language Processing, maschinellem Lernen und Deep Learning, um aus Daten zu lernen und sich an veränderte Bedingungen anzupassen. Im Vergleich zu herkömmlichen Softwarelösungen bieten KI-Agenten ein höheres Maß an Flexibilität und Autonomie. Was sie von anderen KI-Lösungen unterscheidet, ist die Fähigkeit, nicht nur große Datenmengen zu verarbeiten, sondern auch tiefgehende, auf den Kontext abgestimmte Analysen zu liefern. Sie nutzen Deep Learning und fortschrittliche neuronale Netzwerke, um Muster in den Daten zu erkennen, die für herkömmliche Systeme möglicherweise unsichtbar bleiben. Dies ermöglicht es datengetriebene Entscheidungen zu treffen und Aufgaben vollkommen eigenständig zu erledigen – ganz ohne menschliches Eingreifen.

 

Wie funktionieren KI-Agenten?

Ein KI-Agent ist ein autonomes System, das in der Lage ist, Wahrnehmung, Handeln und Lernen zu kombinieren. Der Agent erhält Eingaben aus seiner Umgebung, verarbeitet diese Eingaben und trifft daraufhin Entscheidungen oder Handlungen, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Ein Agent besteht aus folgenden grundlegenden Komponenten:

Sensoren (Wahrnehmung): Der Agent nimmt Informationen aus seiner Umgebung auf. Dies kann in Form von Sensoren oder Eingabedaten geschehen, zum Beispiel Kameras, Mikrofone, GPS-Daten oder andere Datensammlungen.

Effektoren (Handeln): Der Agent führt basierend auf seinen Entscheidungen Handlungen aus, zum Beispiel das Bewegen in einer Umgebung, das Versenden von Nachrichten oder das Ausführen von Aufgaben.

Zielsetzung: Der Agent hat ein oder mehrere Ziele, die er zu erreichen versucht. Diese Ziele beeinflussen die Entscheidungen des Agenten.

Die zentrale Aufgabe eines KI-Agenten ist es, Entscheidungen zu treffen. Dies erfolgt oft in mehreren Schritten:

  1. Wahrnehmung: Der Agent sammelt Daten aus der Umgebung. Dies könnten Sensordaten, Benutzeranfragen oder Umweltdaten sein.
  2. Verarbeitung und Modellbildung: Die wahrgenommenen Daten werden von Algorithmen oder Modellen verarbeitet. Ein häufig verwendetes Modell ist das Markov-Entscheidungsprozess-Modell (MDP), das dazu dient, die Unsicherheit in der Umgebung und die Auswirkungen von Handlungen zu bewerten. Bei lernenden Agenten kommt auch maschinelles Lernen zum Einsatz, wobei der Agent Muster aus vergangenen Erfahrungen extrahiert.
  3. Entscheidung und Planung: Der Agent wählt eine Aktion aus, die seine Ziele fördert. Hier kommen oft Planungsalgorithmen zum Einsatz, um den besten Weg zur Zielerreichung zu finden.
  4. Ausführung und Feedback: Nachdem der Agent seine Entscheidung getroffen hat, führt er die Aktion aus und sammelt Feedback, um zu erfahren, wie gut die Aktion war und ob sie das gewünschte Ergebnis erzielt hat. Dieses Feedback wird dann verwendet, um seine zukünftigen Entscheidungen zu verbessern.

 

Drei Beispiele zur Veranschaulichung

Hier sind drei Beispiele für KI-Agenten, die verschiedene Techniken und Ansätze in der Praxis demonstrieren:

Autonomer Roboter in einer Lagerhalle

Ein autonomer Roboter, der in einer Lagerhalle arbeitet, ist ein Beispiel für einen KI-Agenten, der in einer dynamischen und komplexen Umgebung agiert. Der Roboter muss Aufgaben wie das Abrufen von Waren, das Navigieren durch die Halle und das Vermeiden von Kollisionen mit anderen Objekten oder Menschen ausführen.

Wahrnehmung: Der Roboter verwendet eine Vielzahl von Sensoren, Kameras und Ultraschallsensoren, um eine genaue Karte der Umgebung in Echtzeit zu erstellen. Diese Sensoren liefern kontinuierlich Daten über Hindernisse, Wege und die Position von Objekten.

Verarbeitung: Die erfassten Sensordaten werden durch einen Algorithmus verarbeitet, um eine Karte der Umgebung zu erstellen und die Position des Roboters innerhalb dieser Karte zu bestimmen.

Entscheidung und Handlung: Der Roboter nutzt Algorithmen für die Routenplanung, um das Ziel effizient zu erreichen. Die Algorithmen berechnen den kürzesten Pfad unter Berücksichtigung von Hindernissen. Häufig findet ein heuristischer Algorithmus Anwendung, da er den kürzesten Pfad zwischen zwei Punkten in einer Karte sucht, basierend auf den Kosten, die mit jeder Bewegung verbunden sind. Der Roboter kann zusätzlich lernen, welche Bewegungen und Entscheidungen in der Lagerhalle am besten sind, insbesondere wenn unvorhersehbare Änderungen (z.B. sich bewegende Objekte oder Menschen) auftreten.

Lernen: Wenn der Roboter Fehler macht (z.B. gegen ein Hindernis fährt), kann er durch eine Belohnungs- und Bestrafungsfunktion lernen, wie er diese Fehler vermeidet.

 

Chatbot für Kundenservice

Ein KI-Agent, der als Chatbot für Kundenanfragen fungiert, muss nicht nur eingehende Textanfragen verstehen, sondern auch passende Antworten generieren, um Kunden zu unterstützen.

Wahrnehmung: Der Chatbot empfängt Texteingaben von Kunden. Diese Eingaben werden durch Natural Language Processing (NLP)-Techniken verarbeitet, um die Bedeutung der Anfragen zu extrahieren. Der Eingabetext wird dabei in kleinere Einheiten, sogenannte Tokens, zerlegt (z.B. Wörter oder Satzzeichen). Der Chatbot erkennt wichtige Entitäten im Text, wie Namen, Daten, Orte oder Produkttypen, die für die Antwort wichtig sind.

Verarbeitung: Der Chatbot nutzt ein Transformer-Modell, um den Kontext der Anfrage zu verstehen und relevante Antworten zu generieren. Ein Transformer-Modell ist ein vortrainiertes Modell, das sowohl den vorherigen als auch den folgenden Kontext eines Wortes analysiert, um eine bessere Bedeutung zu extrahieren.

Entscheidung und Handlung: Der Chatbot entscheidet, welche Antwort passend ist. Dies kann auf einer Textklassifikation beruhen, die festlegt, welche Kategorie der Anfrage (z.B. Rückerstattung, Produktinformation, technische Unterstützung) am besten entspricht. Dabei wird oft eine Funktion verwendet, um die wahrscheinlichste Antwort auszuwählen. Einige Chatbots verwenden ein Encoder-Decoder-Modell, das eine Eingabe (die Kundenanfrage) in eine Ausgabe (die Antwort) übersetzt.

Lernen: Der Chatbot kann auf Basis historischer Kundeninteraktionen lernen. Zudem können Reinforcement Learning-Techniken angewendet werden, um die Qualität der Antworten basierend auf Benutzerfeedback zu verbessern.

 

Autonomes Fahrzeug

Ein KI-Agent in einem autonomen Fahrzeug muss ständig seine Umgebung überwachen, Entscheidungen treffen und das Fahrzeug sicher navigieren, indem er Verkehrsregeln und Hindernisse berücksichtigt.

Wahrnehmung: Das Fahrzeug nutzt eine Kombination aus Sensoren (erzeugen präzise 3D-Karten der Umgebung, hilft bei der Erkennung von Hindernissen und liefert Informationen über Entfernungen), Radar (z.B. bei Regen oder Nebel) und Kameras, um die Umgebung zu erfassen. Diese Sensoren liefern Echtzeitdaten, die zur Erkennung von Objekten, Straßenschildern, Ampeln und Fußgängern dienen (Sensorfusion)

Verarbeitung: Die Sensordaten werden durch besondere neurnale Netze und Deep Learning-Modelle verarbeitet, um Objekte zu erkennen und die Szene zu interpretieren.

Entscheidung und Handlung: Das Fahrzeug verwendet Markov-Entscheidungsprozesse (MDP) oder Model Predictive Control (MPC) für die Routenplanung und Entscheidungsfindung. Basierend auf den verarbeiteten Informationen trifft der Agent Entscheidungen, wie das Fahrzeug beschleunigen, bremsen oder lenken soll.

Lernen: Durch Deep Reinforcement Learning, bei der die KI durch Versuch und Irrtum lernt, kann das Fahrzeug lernen, das nächste Mal sicherer und effizienter zu fahren.

 

Welchen Nutzen haben KI-Agenten?

KI-Agenten bieten einen enormen Mehrwert, indem sie Prozesse optimieren, Ressourcen effizient nutzen und neue Möglichkeiten zur Personalisierung schaffen. Sie sind nicht nur ein Werkzeug zur Automatisierung, sondern auch eine Schlüsseltechnologie für Innovation und Wachstum. KI-Agenten bieten zahlreiche Vorteile, die sowohl Unternehmen als auch Einzelpersonen unterstützen können.

  1. Effizienzsteigerung und Automatisierung: KI-Agenten übernehmen repetitive, zeitaufwändige Aufgaben, wie Datenverarbeitung, Terminplanung oder Kundenanfragen. Dadurch können Unternehmen ihre Prozesse effizienter gestalten und Ressourcen sparen. KI-Agenten sind zudem rund um die Uhr verfügbar und können weltweit eingesetzt werden, ohne dass zusätzliche personelle Ressourcen erforderlich sind.
  2. Verbesserte Entscheidungsfindung: Durch die Analyse großer Datenmengen liefern KI-Agenten wertvolle Einblicke und unterstützen bei fundierten Entscheidungen. In der Medizin helfen KI-Agenten bei der Diagnosestellung durch Datenanalysen und im Finanzwesen unterstützen sie bei Risikoanalysen und Investmententscheidungen.
  3. Personalisierung von Dienstleistungen: KI-Agenten lernen aus Nutzerdaten und bieten personalisierte Empfehlungen und Erlebnisse. Streaming-Dienste nutzen KI-Agenten, um individuelle Empfehlungen auszusprechen und in Online-Shops zeigen KI-Agenten auf Basis früherer Käufe personalisierte Produktvorschläge.
  4. Schnelles Lernen und Anpassungsfähigkeit: Durch maschinelles Lernen passen sich KI-Agenten an neue Informationen an und optimieren kontinuierlich ihre Leistungen. Autonome Fahrzeuge verbessern ihre Fahrstrategien durch gesammelte Daten und Ein Sprachassistenten lernen neue Befehle und passen sich den Vorlieben der Nutzer an.
  5. Fehlerreduktion und Qualitätssicherung: KI-Agenten minimieren menschliche Fehler, insbesondere bei sich wiederholenden und datenintensiven Aufgaben. In der Produktion können KI-Agenten Qualitätskontrollen durchführe und in der Buchhaltung reduzieren sie Fehler bei der Verarbeitung großer Datenmengen.
  6. Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung: Durch optimierte Prozesse und effizientere Ressourcennutzung tragen KI-Agenten zur Nachhaltigkeit bei. In der Logistik helfen sie, Lieferwege effizienter zu gestalten und in der Energiebranche unterstützen sie bei der Optimierung des Energieverbrauchs. 

Fazit

Die Technologie der KI-Agenten entwickelt sich weiterhin in rasantem Tempo. Im Gegensatz zu herkömmlichen KI-Systemen benötigen KI-Agenten keine detaillierten Anweisungen, sondern initiieren und führen Aufgaben proaktiv durch, analysieren Daten und passen Handlungen in Echtzeit dynamisch an. Die Fähigkeit zur autonomen Ausführung von Aufgaben ohne menschliches Zutun ist trotz aller Vorteile eine der größten Bedenken. Es geht um das Thema Verantwortlichkeit: Wenn ein KI-Agent eine fehlerhafte Entscheidung trifft, wer trägt dafür die Verantwortung? Es stellt sich nach wie vor die Frage, inwieweit KI-Agenten in Entscheidungsprozesse eingreifen sollten, ohne menschliche Aufsicht.

Abseits ethischer Bedenken sind KI-Agenten nicht nur eine spannende technologische Entwicklung, sondern auch ein bedeutender Schritt in der Evolution der Automatisierung. Sie bieten enorme Potenziale für eine Vielzahl von Branchen, von der Verbesserung des Kundenservice bis hin zu medizinischen Innovationen. KI-Agenten bieten Effizienzgewinne und Kosteneinsparungen und zudem auch die Chance, Geschäftsprozesse grundlegend zu optimieren. Zukünftig könnten Menschen und KI-Agenten noch enger zusammenarbeiten. Während KI-Agenten analytische und repetitive Aufgaben übernehmen, konzentrieren sich Menschen auf kreative, strategische und zwischenmenschliche Aspekte. Diese Zusammenarbeit könnte in vielen Berufen zu höherer Produktivität und mehr Innovationskraft führen und damit die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen deutlich stärken.